"An einem Tag wurde ich zweimal Weltmeister"

Mo., 5. Dez. 2022 feature Bavaria Fiction Content

Schauspieler Klaus Steinbacher spielt Fußballlegende Franz Beckenbauer in "Der Kaiser". Ein Gespräch über Retter, Rituale und Respekt.

Herr Steinbacher, Sie sind 1994 geboren, der Film erzählt von Beckenbauers Aufstieg zum Idol in den 1960er Jahren bis zum WM-Sieg als Teamchef 1990. Die große Beckenbauer-Zeit haben Sie live also noch gar nicht verfolgen können. Wann haben Sie Beckenbauer das erste Mal bewusst wahrgenommen?

Seit ich laufen kann, spiele ich Fußball in einem Dorf in der Nähe von München. Da ist Franz Beckenbauer gefühlt immer irgendwie gegenwärtig. Aber so richtig wahrgenommen habe ich ihn wahrscheinlich als Fußball-Experte im Fernsehen und als Präsident des FC Bayern. Ich mochte schon als Kind seine Interviews, seine leichte und charmante Art, wie schnell er Antworten parat hatte und wie er sich mit seiner Meinung oft auch aus dem Fenster gelehnt hat. Man hatte immer den Eindruck: Der sagt, was er denkt und nicht das, was ihm Leute vorher aufgeschrieben haben.

Diese Ehrlichkeit konnte man dann Jahre später in der so genannten "Sommermärchen-Affäre" um die WM 2006 deutlich in Frage stellen. Die Lichtgestalt stand plötzlich etwas im Schatten…

… ja, aber ich denke, dass es ihm auch bei der WM damals primär um den Sport ging. Er wollte wirklich nochmal eine Weltmeisterschaft in Deutschland erleben.

Ungeachtet dessen – und das zeigt ja auch der Film – bleibt Franz Beckenbauer eine Persönlichkeit, wie es sie in Deutschland nur wenige gibt.

Das stimmt – und ich finde, dass man seine herausragende Zeit als Spieler und als großartiger Trainer auch feiern darf. Deswegen bin ich auch froh, dass wir mit „Der Kaiser“ diese Hommage realisiert haben.

Franz Beckenbauer ist längst eine Person der Zeitgeschichte. Hatten Sie besonderen Respekt vor der Rolle?

Der größte Druck entstand wahrscheinlich durch meine Freunde. Die interessieren sich zwar immer dafür, was ich mache. Aber dieses Projekt war schon besonders, weil sie allesamt wie ich auch fußballverrückt sind. Ich sollte immer viele Bilder vom Dreh schicken. Für mich war klar: Das darf ich jetzt nicht verkacken.

Und?

Ich bin insgesamt total zufrieden. Wobei ich meine Filme immer erst beim vierten, fünften Mal entspannt gucken kann. Mir ist es immer wichtig, dass ich mich weiterentwickle. Wenn ich einen Film von mir sehe, frage ich mich als Erstes: Was kann ich beim nächsten Mal besser machen?

Wie haben Sie sich auf die Rolle Franz Beckenbauer vorbereitet?

Leider bin ich ihm nie persönlich begegnet. Aber ich habe Menschen getroffen, die ihn auch im privateren Rahmen kennengelernt haben. Es war mir wichtig zu wissen: War er wirklich so bodenständig und charmant – oder war das nur fürs Fernsehen gespielt? Aber man hat mir bestätigt: Er war wirklich so. Zusätzlich gibt es ja unglaublich viel Interview-Material aus den Jahrzehnten, in denen unser Film spielt. Ich habe mir diese Sachen über Monate rauf und runter angeguckt. Zusammen mit Regisseur Tim Trageser habe ich mich aber auch bewusst dafür entschieden, Beckenbauer nicht zu stark zu imitieren oder zu kopieren. Ich wollte schon meine eigene Interpretation finden und etwas von mir in der Rolle anlegen, sodass man der Entwicklung glaubt und mit der Figur fühlt.

 

Was steckt denn von Klaus Steinbacher im Film-Beckenbauer?

Das sind verschiedene Farben von mir, die sich teils auch mit denen von Beckenbauer decken. Das ist auf jeden Fall die Leidenschaft, die Liebe zum Sport, den Wettkampf – das, worum es eigentlich geht beim Fußball.

Woran hatten Sie am meisten Spaß beim Drehen?

Am Ende des Films zeigen wir ein Interview mit Sportreporter-Legende Harry Valérien. Daran hatte ich viel Spaß. Ich hatte es mir am ersten Tag der Vorbereitung angesehen und direkt auswendig gelernt, auch um in die Beckenbauer-Sprache reinzukommen.  Würde man mich nachts um halb vier wecken, könnte ich das Interview wahrscheinlich noch immer geben. Außerdem hatte ich viel Spaß bei den Weltmeister-Szenen. Es gab einen Drehtag, an dem ich zwei Mal Weltmeister geworden bin – als Spieler und als Trainer. Freude gemacht hat mir auch das Coaching an der Seitenlinie. Regisseur Tim Trageser ist mit der Kamera immer vor mir auf- und abgefahren und hat mir zugerufen, was gerade auf dem Spielfeld passiert – und ich habe dann gecoacht. Dabei habe ich allerdings nicht nur an Beckenbauer gedacht, es war auch ein bisschen Guardiola dabei und vielleicht auch ein bisschen Christian Streich (lacht).

Die meisten Fußballer haben ganz bestimmte Rituale bevor sie auf den Platz gehen. Haben Sie Rituale vor einem Drehtag?

Viele. Zum Beispiel habe ich so ein Dehn-Programm für Arme, Beine und Oberkörper, das mir meine Modern Dance-Dozentin an der Bayerischen Theaterakademie August Everding gezeigt hat. Das mache ich täglich, wenn ich drehe. Für „Der Kaiser“ habe ich mir außerdem dieses berühmte Motto von Franz Beckenbauer zu Eigen gemacht: Schaun mer mal, dann sehn mer scho! Ich neige manchmal dazu, es bei der Vorbereitung ein wenig zu übertreiben. Deshalb hatte ich mir vorgenommen, beim Dreh etwas gelassener zu sein und habe mir vorm Drehen immer gesagt: Schaun mer mal, dann sehn mer scho. Und morgens unter der Dusche habe ich immer Beckenbauers legendären Song "Gute Freunde kann niemand trennen" gesungen...

Das war wahrscheinlich sehr belastend für Ihr Umfeld (lacht)?

… ich war ja allein im Hotel. Das haben schlimmstenfalls nur die Zimmernachbarn gehört (lacht).

Ungefähr ein Vierteljahr vor Drehstart haben Sie sich eine klassische Fußballerverletzung zugezogen: Sie haben sich das Kreuzband gerissen. In den Social Media posten Fußballer dann immer gern #comebackstronger. Ihr Hashtag fiel vermutlich anders aus…

An Social Media und Hashtags war ehrlich gesagt überhaupt nicht zu denken. Die Verletzung habe ich mir ganz am Anfang der Vorbereitung auf die Rolle bei einem Ligaspiel meines Heimatvereins zugezogen. Nach dem Spiel bin ich mit meiner Mutter zum Arzt gefahren, er fasste mein Bein an und ich hatte so eine böse Ahnung. Als die Diagnose dann kam, habe ich angefangen zu weinen, weil ich mir in dem Moment fast sicher war, dass ich die Rolle nicht werde spielen können. Zum Glück hatte ich einen wahnsinnig guten Physiotherapeuten, der mich in vier Monaten wieder hinbekommen und so gerettet hat. Das Kreuzband hat beim Dreh gehalten, ich konnte die Fußballszenen selbst spielen.

"Ich mochte schon als Kind seine leichte und charmante Art und wie er sich mit seiner Meinung oft auch aus dem Fenster gelehnt hat. Man hatte immer den Eindruck: Der sagt, was er denkt und nicht das, was ihm Leute vorher aufgeschrieben haben."

Ist "Der Kaiser" die wichtigste Rolle Ihrer Karriere bis jetzt?

Franz Beckenbauer war sicher die Rolle, die mir beim Spielen mit am meisten Spaß gemacht hat. Aber auch "Das Boot" war schon sehr wichtig, weil es direkt nach der Ausbildung der perfekte Start in den Beruf war. Und mein Roman Hoflinger, ein junger Bierbrauer in der Serie "Oktoberfest 1900", hat mir sehr viel Freude bereitet. Jetzt bin ich gespannt, was nach "Der Kaiser" passiert. Wichtig ist für mich auf jeden Fall die Meinung meiner Freunde zum Film und zu meinem Spiel. Das sind meine schärfsten Kritikerinnen und Kritiker. Ihre Meinung bedeutet mir viel.

Herzlichen Dank für das Gespräch.

 

Interview: Dr. Sebastian Feuß

 

Der Sky Original Film "Der Kaiser" startet am 16. Dezember um 20.15 Uhr auf Sky Cinema Premieren und ist mit Sky Q sowie Streamingservice WOW abrufbar.

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