"Die Offenheit hat uns überrascht"

Mi., 24. Sep 2025 Story House Productions

Die neue ZDF-Dokureihe "Die Strafverteidiger – Anwälte des Bösen" zeigt Anwälte zwischen Mordprozessen und Mandanten. Ab sofort online, heute Abend bei ZDFinfo. Wir haben mit Produzent Arnd Benedikt Piechottka und Senior Produktionsleiter Roland Albrecht gesprochen.

Die dreiteilige Doku, produziert von Story House Productions, begleitet drei Strafverteidiger ein Jahr lang in aufsehenerregenden Fällen – von brutalen Gewalttaten bis zu familiären Tragödien. Ab sofort ist die Reihe online abrufbar, am Mittwochabend läuft sie um 21.45 Uhr bei ZDFinfo.

Im Interview verraten Produzent Arnd Benedikt Piechottka und Roland Albrecht, welche Herausforderungen zu bewältigen waren – und was ihnen bei der Arbeit besonders nah gegangen ist.

Lieber Arnd, lieber Roland, wie seid ihr auf die Thematik gekommen?
 
Arnd Benedikt Piechottka: Wir sind ständig auf der Suche nach Geschichten, die Einblicke in sonst für die Öffentlichkeit schwer zugängliche Lebenswelten geben. Genau das ist das Spannende an unserem Job und auch ein großes Privileg. Während der Dreharbeiten zu unserer dreiteiligen Serie "Blutsbande", die den Alltag sogenannter Clanfamilien beleuchtet, lernten wir Burkhard Benecken kennen, einen der Strafverteidiger einer bekannten Familie. Uns hat überrascht, wie offen er uns begegnete und wie nah er uns an seine Arbeit heranließ. Daraus entstand die Idee, eine Serie über ihn und seine Kanzlei zu entwickeln.

Wie viel Zeit hat die Produktion in Anspruch genommen? Nehmt uns kurz in eure Prozesse mit: Von der Recherche bis hin zur Abnahme.
 
Arnd Benedikt Piechottka: Unser Ansatz war es, bei laufenden Ermittlungsverfahren und Strafprozessen ganz nah dabei zu sein. Anders als bei vielen anderen Crime-Dokus wussten wir zu Beginn nicht, wohin uns die Dreharbeiten führen würden. Wir haben zahlreiche Fälle gesichtet und ausgewertet, tausende Seiten Akten geprüft und sorgfältig ausgewählt, welche Verfahren wir filmisch begleiten. 

Unser Team hat dabei sehr akribisch recherchiert und vor allem auch bei den Reenactments höchsten Wert auf Genauigkeit gelegt. Im Schnitt haben wir dann die Grundausrichtung der Serie noch einmal deutlich geschärft: weniger Doku-Soap, stärkerer Fokus auf die außergewöhnlichen Fälle. Insgesamt hat die Produktion rund zwei Jahre gedauert.

Das Projekt bringt vermutlich einige größere, produktionelle Herausforderungen mit sich - der Fortgang eines Strafverfahrens richtet sich nicht nach eurem Produktionsplan. Wie seid ihr hier vorgegangen, Roland?
 
Roland Albrecht: Das war wirklich kompliziert. Strafverfahren sind hochdynamisch und der Verlauf oft wenig vorhersehbar. Da mussten wir immer wieder sehr schnell reagieren. Meist hatten wir mehrere Kameramänner auf Standby, um einen möglichen Termin abdecken zu können. In einem Fall ist einer der Strafverteidiger kurzfristig nach Bosnien gereist.

Arnd Benedikt Piechottka: Der Mandantin von Hans Reinhardt wurde Beteiligung an einem Mord vorgeworfen. Sie soll sich mit anderen Familienmitgliedern an einem Mann einer verfeindeten Familie für eine Beleidigung gerecht haben. Das Opfer wurde auf offener Straße von mehreren Dutzend Männern getötet. Ausgerechnet der Sohn der Mandantin soll einer der Haupttäter sein, nach ihm wurde damals mit internationalem Haftbefehl gesucht. Und den Mann wollte der Strafverteidiger treffen, damit der eine entlastende Aussage für seine Mutter macht.

Roland Albrecht: Da werden dann auch schnell Sicherheitsfragen relevant. Immerhin trifft das Team auf einen Mann, dessen Hemmschwelle sehr gering erschien.

Was macht die Protagonisten für euch so interessant?
 
Arnd Benedikt Piechottka: Strafverteidiger genießen in der öffentlichen Wahrnehmung nicht immer Sympathie. Oft wird ihnen nachgesagt, sie würden das Recht verdrehen und dafür sorgen, dass die schlimmsten Verbrecher einer Strafe entgehen. In Wahrheit erfüllen sie eine zentrale Funktion für unseren Rechtsstaat. Genau das wollten wir mit der Serie zeigen und gleichzeitig daran erinnern, wie wichtig ein funktionierendes Rechtssystem ist. Neben den drei Strafverteidigern Hans Reinhardt, Pantea Farahzadi und Burkhard Benecken danken wir vor allem den Menschen, die selbst von Strafverfahren betroffen waren und trotzdem bereit waren, offen mit uns zu sprechen. Ohne dieses Vertrauen wäre die Serie nicht möglich gewesen.

Teilweise beschäftigen sich die im Fokus stehenden Strafverteidiger mit aufwühlenden Fällen. Wie habt ihr es geschafft, euch nach jedem Drehtag von diesen (emotional) zu distanzieren?
 
Arnd Benedikt Piechottka: Das war nicht ohne. Vor allem unsere Regisseure Anna Schultz und Joshua Werner mussten mit sehr belastendem Material umgehen. Im eben erwähnten Lynchmord-Fall wurde die brutale Tat von einer Überwachungskamera aufgezeichnet. Aber es waren gar nicht so sehr die Videos und Fotos. Die Detailtiefe, mit der Gutachter und Ermittler ihre Ergebnisse in den Berichten aufgeschrieben haben, ging mir viel näher. 

Roland Albrecht: Auch für das Produktionsteam gab es sehr beklemmende Momente, vor allem bei den Dreharbeiten für die Reenactments. Ein ganzes Team versucht einen echten Mord so realistisch wie möglich nachzustellen, und in der Tat hatte man teilweise das Gefühl, sich an einem echten Tatort wieder zu finden. Die Kollegen im Schnitt hatten viel mit Originalmaterial zu tun, dass teilweise so verstörend war, dass es Editoren gab, die an den Filmen nicht weiter schneiden konnten.

Könnt ihr euch vorstellen, noch einmal in die Welt der Strafverteidiger einzutauchen?
 
Arnd Benedikt Piechottka: Das Thema Crime und Investigation bleibt für uns spannend und relevant. Ob wir in genau dieses Universum zurückkehren, werden wir sehen. Im Augenblick liegt unser Fokus auf Geldwäsche-Strukturen. Soviel kann ich schon mal sagen.

Lieber Arnd, lieber Roland - vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Dennis Reinhart.

Bilder: ZDF/Maciej Rolbiecki

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