"Ich brauche euch": Produzentin Anna Oeller im Interview
Anna Oeller ist seit 2003 Produzentin bei der Bavaria. Zuvor war sie von 1994 bis 1997 als Referentin der Geschäftsführung und Produzentin beschäftigt.
Ihre Karriere begann Anna 1992 bei der ndF, zunächst als Producerin bei Thilo Kleine, später als Produzentin für TV-Movies und Serien bei Dr. Claudia Sihler.
Anna studierte Jura an der LMU München und anschließend an der Münchner HFF. 1992 schloss sie mit einem vom SWR koproduzierten Kurzfilm ihr Studium ab.
Im TV-Movie "Ich brauche euch", einer Produktion der Bavaria Fiction für das ZDF, muss sich eine eigenwillige junge Frau, Silvi, nach dem Mord an ihrer Schwester plötzlich um die verstörten Kinder kümmern. Spannungsfelder entstehen, weil Silvi ihrer Familie eigentlich längst den Rücken gekehrt hatte - und der Mörder der Mann ihrer Schwester ist. Den Film sahen rund fünf Millionen Zuschauer im ZDF. Produzentin Anna Oeller erzählt im Interview, inwieweit sie mit ihrem Film neue Wege beschreitet.
Eine nach Außen perfekte Familie, viele dunkle Geheimnisse: Was macht die Geschichte von „Ich brauche euch“ für Sie besonders? Warum ist sie möglicherweise gerade jetzt relevant?
Zum einen ist es eine aktuelle Geschichte, über die man öfter in der Presse liest oder hört: Da ist eine gutsituierte Familie ohne offensichtliche Probleme, und plötzlich rastet der Ehemann aus und tötet seine Frau. Und das ganze Umfeld ist fassungslos. Zum anderen zeigt unsere Geschichte eine faszinierende Hauptfigur und Familie, in der schon lange soziale Distanz herrscht - das Phänomen des Social Distancing - und sorgfältig gepflegte Lebenslügen zusammenbrechen.
Im Fokus des Films steht weniger die Frage nach dem Mordmotiv, sondern eher die Schilderung der Ausnahmesituation, in der sich die Hinterbliebenen wiederfinden. Eine Perspektive, die im deutschen Fernsehen nicht oft genug eingenommen wird?
Genau, und deshalb wollten wir mit unserem Film einmal neue Wege beschreiten und eben nicht die psychologische Aufdröselung des Tatmotivs schildern, sondern zeigen, wie eine Familie mit so einer Katastrophe umgeht, also die Schwester, die Kinder, die Eltern. Für ein zusätzliches Spannungsfeld sorgt dabei das ohnehin schon gestörte Verhältnis der Familienmitglieder untereinander. Eine Familie, die es überhaupt nicht gewohnt ist, sich auseinanderzusetzen, auch wenn alles nach außen hin als so perfekt wirkt. Auch das macht unseren Film so besonders.
Welche dramaturgischen Feinheiten wurden beachtet, um die Ängste und Unsicherheiten der Protagonistin zu veranschaulichen?
Max Färberböck, der zusammen mit Catharina Schuchmann das Drehbuch schrieb, ist ein Meister darin, die Brüchigkeit von persönlichen Lebensinszenierungen und Beziehungen aufzuzeigen. Das wird wie unter einem Brennglas im Zusammenspiel mit Silvis Freund deutlich und vor allem in der Konfrontation mit ihrem Neffen, der hartnäckig Fragen stellt und sie damit zwingt, anders zu reagieren, als sie es in ihrem Lebensmodell vorgesehen hat. Es wird auch nicht alles in Dialogen ausgesprochen, sondern vieles spielt sich in der nuancenreichen Mimik der wunderbaren Mavie Hörbiger ab.
"Ich brauche euch": Am Montag, 11.5.2020, um 20:15 Uhr im ZDF oder schon jetzt in der ZDF-Mediathek: